Sonntag, 31. Januar 2010

Kiruna - Teil 2

Sägen und Holzhacken stellte sich dann als relativ schwierige Aufgabe dar, da wir einmel stumpfe Hacken hatten und außerdem das Holz total gefroren war. Wir versuchten trotzdem unser Bestes und ein paar Kisten bekamen wir sogar voll. Trotzdem empfanden wir das Ganze etwas als Beschäftigungstherapie, da es durchaus auch elektrische Sägen gab... aber nunja. Zum Mittagessen gab es einen Rentier-Gemüse-Eintopf. Nachdem wir am Morgen die süßen Rentiere auf er Hinfahrt gesehen hatten, war es fast ein wenig komisch, diesen Eintopf zu essen, aber wir stellten schnell fest, dass er ziemlich gut schmeckte! Danach wurde weiter Holz gehackt (da fanden wir es dann langsam nicht mehr lustig), aber nach einer Weile schickte uns Stig zum Fluss hinunter, zum Eisfischen. Mittlerweile war es schon stockdunkel geworden (ab ca. 15 Uhr), aber dank des Schnees konnte man doch ein wenig was sehen. Auf dem zugefrorenen Fluss angekommen, suchte Stig nach einer selbstgesetzten Stock-Markierung und begann dann, um diesen Stock herum einen Eiswürfel auszusägen. Das war wohl auch nicht so einfach, da zu Beginn die Säge immer wieder ausging, sobald er sie auf das Eis aufsetzte. Aber es war ganz amüsant, ihm dabei zu zusehen. Als er den Stock aus dem Eis befreit hatte, sahen wir, dass an diesem Stock eine Schnur befestigt war, welche sich unter dem Eis hindurch bis zu einem anderen festgefrorenen Stock, ca. 20 m weiter, zog. Auch diesen Stock sägte er nun frei und erklärte uns, dass an dieser Schnur ein Fischernetz befestigt sei. Eine Person musste dann an dem einen Ende kontinuierlich noch mehr Schnur abwickeln, während Stig auf der anderen Seite das Netz aus dem Loch herauszog, um zu sehen, ob sich Fische in dem Netz verlaufen (bzw. verschwommen) hatten. Leider war dem nicht so. Durchgefroren und fischlos stiefelten wir wieder zurück ins Camp und verbrachten den Nachmittag mit Kartenspielen, zusammen mit den Chinesinnen. Wir zeigten ihnen zwei Spiele und sie zeigten uns ein Spiel, wobei sie sich bei den Regeln ihres Spieles selbst nicht ganz einig waren. Trotzdem hatten wir großen Spaß. Nach dem Abendessen durften wir saunieren. Die Sauna wurde bereits seit dem Nachmittag angeheizt und die Chinesinnen starteten die erste Runde. Wir spielten noch ein wenig Karten und warteten darauf, uns auch endlich mal so richtig aufwärmen zu dürfen (immerhin ein Mal an diesem kalten Tag). Zwischendurch verließen wir immer wieder die Hütte, um nach Nordlichtern Ausschau zu halten. Die Bedingungen waren eigentlich perfekt - ein sternenklarer Himmel. Aber vorerst hatten wir auch hier keinen Erfolg. Nach den Chinesinnen durften wir dann saunieren. Die Sauna wird mit einem richtigen Holzofen geheizt, was nochmal eine viel intensivere Wärme verursacht als bei unserer Sauna zu Hause. Abgeduscht wurde dann in der Sauna selbst - in einem großen Kessel befand sich Wasser aus dem Fluss, welches man sich dann mit Hilfe einer Gießkanne über den Kopf schüttete. Duschen gab es im Camp nicht. Als wir zurück zur Hütte schlenderten, hatten die anderen noch immer keine Nordlichter entdeckt. Wir warteten noch eine ganze Weile. Vor allem Tobi zeigte eine große Warte-Ausdauer, aber irgendwann verließ uns (und sogar ihn) die Motivation und wir gingen in die Sami-Hütte zum Schlafen. Dort hatten wir auch einen Ofen, den Tobi fleißig heizte. In zwei "Zimmern" gab es dort Holz-Britschen, auf welchen man sich dann mit Schlafsäcken einwickelte. Generell war es trotz Feuer ziemlich kalt, aber mit Klamotten und Schlafsäcken bekam man doch ganz warm. Nervig war nur, dass ein paar Chinesinnen die Nacht durchmachten und alle fünf Minuten zum Nordlichter-Fahnden rausgingen und dabei jedes Mal die Tür mit einem lauten Knall zufiel. Deshalb bekamen wir nicht wirklich viel Schlaf. Und Nordlichter gab es in dieser Nacht auch nicht. Ratet mal, was wir am nächsten Tag nach dem Frühstück machen mussten. Genau, Holzhacken. Yippiyayyäi. Denn es sollte zum Mittagessen Barbecue in der Barbecue-Hütte geben und dazu braucht man nun mal Holz. Ein paar Chinesinnen gingen zum Eisangeln, aber auch das sollte keine Erfolge bringen. Tobi und ich beschäftigten uns also mit Holz. Ist ja eigentlich ganz nett, sowas mal zu machen. Aber die Art und Weise, wie einen Stig ständig herumkommandiert hat, versaute die Stimmung doch beträchtlich. Und nachdem sich Tobi dann mit einem Stück Holz über dem Auge verletzte, ließen wir es einfach sein und gingen spazieren. Holz gab es später trotzdem, was unsere Beschäftigungs-Therapie-Theorie bestätigte. Gegrillt wurden Lyoner-Würste und dazu gab es Kartoffelbrei und Bohnen. Ganz lecker eigentlich. Und nach dem Essen war es dann auch schon wieder Zeit zum Packen und Abreisen. An diesem Tag war es unglaublich kalt: -30 Grad. Das ist eine Temperatur, bei der einem das Gesicht weh tut. Unglaublich kalt. Aus diesem Grund wurden wir auch nicht mit Hundeschlitten abgeholt, sondern nur mit Snowmobilen. Tobi durfte fahren und wir anderen saßen, mit dem Rücken in Fahrtrichtung, auf dem Anhänger. Unterwegs, mitten in der Pampa, wurden wir plötzlich angehalten: Polizei - Alkoholkontrolle. Ohne Scheiß! Ich kam mir ein bisschen vor wie bei Versteckte Kamera. Die fahren mit ihren Mobilen durch das Nirgendwo und wenn sie irgendwo mal ein anderes Mobil finden, wird gepustet. Aber alles war in Ordnung und so durften wir gleich wieder weiterfahren. Aber wir fühlten uns wirklich, wie wenn wir erfrieren würden. Die Füße wurden nach kurzer Zeit taub und nach einer weiteren Zeit fingen sie an, weh zu tun. Das fühlt sich an, wie wenn man die Füße barfüßig in die Tiefkühltruhe steckt. Nicht, dass ich das schonmal gemacht hätte, aber so stelle ich mir das jedenfalls vor. Es war schrecklich. Wir waren alle heilfroh, als wir an der Hundestelle ankamen. Dort verabschiedeten wir uns von den Hunden, halfen, diese wieder in den Hundehänger zu verfrachten und zogen uns dann um. Tobi und ich hatten die tolle Idee, unsere normalen Schuhe dort stehen zu lassen über die zwei Tage. Wir zogen also die Boots aus und mussten in ca. -30 Grad kalte Schuhe rein. Auf der Autofahrt glaubten wir wirklich, die Füße würden uns gleich abfallen. Aber das passierte zum Glück nicht. Was für eine Wohltag es dann war, in der Jugendherberge heiß zu duschen. An diesem Abend gingen wir nur noch einkaufen, kochten uns was zu essen und kuschelten uns ins warme Bett.
Am nächsten Tag ging es dann wieder mit dem Nachtzug zurück in Richtung Göteborg. Dieses Mal kam der Zug glücklicherweise pünktlich und wir kamen einigermaßen in der Zeit in Göteborg an. Ursprünglich hätten wir uns noch gerne das Eishotel in Kiruna angeschaut, aber dafür hatten wir leider keine Zeit mehr, da ja der erste Kiruna-Tag durch die acht Stunden Verspätung ganz wegfiel.


Im Nachhinein kann man sagen, dass es wirklich ein tolles Erlebnis war, diese Landschaft und dieses Klima ein mal gesehen und erlebt zu haben. Ich hätte mir nie vorstellen können, wie sich eine solche Kälte anfühlt. Trotzdem haben diese wenigen Tage durchaus gereicht und wir waren heilfroh, wieder in etwas wärmere Gegende zu kommen ;)
Hier geht es zu den Fotos: http://picasaweb.google.com/lenschnpost/Kiruna#

Samstag, 23. Januar 2010

-30 Grad und Bootcamp-Verhältnisse bei Stig

Am Mittwoch-Nachmittag fuhren wir also von Göteborg nach Stockholm. Dort kamen wir mit einer halben Stunde Verspätung an und hatten schon Angst, unseren Nachtzug zu verpassen, da dieser eigentlich in genau dieser Minute abfahren sollte. Als wir jedoch in Stockholm auf die Anschlagstafel schauten, stellten wir fest, dass unser Zug zwar drauf stand, aber kein Gleis angegeben war, auf welchem er einfahren sollte. Wir hetzten zum nächsten Bahn-Angestellten und fragten ihn danach. Dieser wusste es jedoch auch nicht und meinte, wenn der Zug, der ja offensichtlich auch Verspätung hatte, ankommen sollte, würde es vorher an der Tafel angekündigt werden. Also gut. Kurz darauf wurde angezeigt, dass der Zug eine Stunde später ankommen sollte. Also noch genug Zeit, uns irgendwo etwas Warmes zu Essen zu besorgen. Eine Stunde später kam der Zug tatsächlich und wir quartierten uns, zusammen mit zwei Chinesen, in unserem Schlafquartier ein. Noch gingen wir davon aus, am nächsten Tag vormittags in Kiruna anzukommen. Doch dazu sollte es leider nicht kommen. Nach einer rumpeligen Nacht in unserem stickigen Abteil blieb der Zug plötzlich im Bahnhof von "Boden" stehen und rührte sich nicht mehr von der Stelle. Wir warteten und warteten, aber es ging nicht weiter. Nach einer Stunde ca. kam eine Durchsage, dass es sich um technische Probleme handele, die hoffentlich bald behoben werden würden. Ok. Also warteten wir weiter. Etwas anderes blieb uns ja nicht übrig. Aber es blieb leider nicht bei einer Stunde warten. Um vierzehn Uhr kam dann die "erlösende" Durchsage, dass der Zug aufgrund der technischen Probleme nicht mehr weiterfahren könne und wir von Bussen abgeholt werden würden, die uns zu unseren Zielen fahren würden. Wir packten unsere Sachen zusammen, verließen den Zug und liefen durch die Bahnhofshalle in Richtung Busse, die glücklicherweise bereits auf uns warteten. Dann ging es mit dem Bus weiter in Richtung Kiruna - noch einmal drei Stunden Fahrt. Gegen siebzehn Uhr hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht: KIRUNA. Schade nur, dass es bereits dunkel, wir total müde und der erste Tag des "Kurzurlaubes" bereits so gut wie verstrichen war. Wir machten uns mit Sack und Pack auf den Weg, auf die Suche nach unserer Unterkunft "Wandrarhem". Dank Tobis handgemalter Stadtkarte fanden wir diese auch bald und nachdem wir noch ein paar Lebensmittel eingekauft und etwas zu Essen gekocht hatten, gingen wir erschöpft schlafen. Schließlich erwarteten uns aufregende Tage.
Am nächsten Morgen mussten wir bereits früh aufstehen, da wir um neun Uhr von einem Hundeschlitten-Tour-Mitarbeiter abgeholt werden sollten und vorher noch frühstücken und auschecken mussten. Wie wir jedoch eigentlich hätten ahnen konnten, kam dieser, passend der schwedischen Mentalität, nicht wirklich pünktlich. Das Wetter war an diesem Morgen bereits viel eisiger als am Abend zuvor und so waren wir heilfroh, als wir mit einem klapprigen Kleinbus vor der Unterkunft eingesammelt wurden. Aber die Reise ging noch nicht direkt los, zuerst mussten wir eine weitere Gruppe an einer anderen Unterkunft abholen. Hierbei handelte es sich um eine chinesische Reisegruppe von zehn Personen. Diese hatten jedoch, nachdem sie bei unserem Reiseleiter per Mail angefragt hatten und angeblich keine Antwort erhalten hatten, noch bei einem weiteren Reiseleiter angefragt und wohl offensichtlich doppelt gebucht. Der Ärger war also vorprogrammiert, als zwei Veranstalter gleichzeitig bei der Unterkunft eintrafen und die Gruppe abholen wollten. Beide Veranstalter wollten natürlich die Gruppe und somit das Geld haben, die Gruppe wollte aber natürlich nicht doppelt zahlen. Also gab es eine große, zeitaufwändige, von Verständigungsschwierigkeiten geprägte Diskussion. Wir schauten uns diese vom Auto aus an, denn dort war es wärmer als draußen. Das Problem war: für dieses Problem gibt es nicht wirklich eine Lösung. Wie sich alle letztendlich geeinigt hatten, weiß ich nicht, auf jeden Fall fuhr die Gruppe letztendlich mit dem anderen Veranstalter mit. Nach einer halben Ewigkeit ging es dann endlich los in Richtung Pampa. Unterwegs mussten wir einmal für fünf Minuten mitten auf der Landstraße anhalten, da eine Gruppe Rentiere die Straße überquerte. Wir mussten geduldig warten, bis auch das letzte Tier auf der anderen Seite war, denn wenn man die Tiere stresst, bleiben sie wohl erst recht auf der Straße stehen. Für uns war es aber eine tolle Gelegenheit, echte Rentiere zu beobachten. Wann hat man diese Gelegenheit schon mal? Leider hatten wir die Kamera mit unserem Gepäck im Kofferraum verstaut.
Eine halbe Stunde später kamen wir an unserem Startpunkt an, wo bereits eine weitere Chinesen-Gruppe, eine weitere Mitarbeiterin und ein Rudel Hunde auf uns warteten. Es war wahnsinnig kalt. Netterweise bekamen jeder ein Paar warme Hosen, Handschuhe und Schnee-Schuhe. Dann gingen wir zu den Hunden, um diese zu begrüßen. Diese waren bereits vor lauter Freude auf die kommende Fahrt total aus dem Häuschen und sprangen wir verrückt im Kreis, soweit das ihre Leine, mit der sie an einer langen Schnur befestigt waren, zuließ. Wir waren, abgesehen von den Betreuern, die einzigen Europäer in dieser Gruppe. Der Rest der Gruppe bestand aus sechs Chinesinnen, von denen leider nur zwei einigermaßen Englisch sprachen. Nach einer kurzen Einführung bezüglich Hundeschlitten und Snow-Mobil ging es endlich los: wir spannten die Hunde vor die Schlitten. Der Plan war, dass ein Betreuer mit einem Snow-Mobil + Gepäck-Anhänger vorausfuhr, dann sollten zwei Hundeschlitten mit jeweils drei Personen folgen und hinten dann ein zweites Snow-Mobil mit Personenanhänger. Tobi, ich und Juan begannen mit dem ersten Hundeschlitten. Vor jeden Schlitten wurden fünf Hunde gespannt. Meine Aufgabe war es, den angeschnallten Alpha-Hund festzuhalten, während die anderen Hunde hinter ihm befestigt wurden. Die Hunde bellten und jaulten, das war ein wahnsinniger Krach! Sie konnten es offensichtlich kaum erwarten. Tobi stand hinter dem Schlitten auf der Bremse, um zu verhindern, dass sich dieser frühzeitig in Bewegung setzte. Als alle Hunde befestigt waren, setzten sich Juan und ich auf den Schlitten, während Tobi für das erste Stück das Bremsen übernehmen sollte. Er stand dazu hinter dem Schlitten auf den Kufen und bremste bei Bedarf, wenn die Hunde dem Snow-Mobil zu nahe kamen oder dieser langsamer machte. Und dann setzte sich die Gruppe in Bewegung. Das Snow-Mobil startete und die Hunde preschten los. Sie rannten und zogen wie verrückt. Durch den Farhtwind war es unglaublich kalt. Wir spürten, wie unsere Zehen bereits nach wenigen Minuten zu Eis zu erstarren drohten und unsere Gesichter taten einfach nur weh. Es waren -18 Grad. Vor dem Start machte mich ein Betreuer auf meine Nase aufmerksam, diese sei weiß und dies seien erste Anzeichen für Erfrierungen. Ich sollte sie immer wieder in meinem Handschuh aufwärmen, um Schlimmeres zu verhindern. Na toll. Diesem Rat ging ich natürlich nach. Nach jedem zurückgelegten Kilometer machten wir Halt, um die Hunde Schnee fressen zu lassen, damit sie Wasser zu sich nehmen konnten. Wir nutzten die Pausen, um die Positionen zu tauschen, so dass jeder einmal den Schlitten fahren konnte. Nach drei Stops wechselte dann meine Gruppe zum Snow-Mobil. Dort durften Tobi und ich auch selbst fahren, Juan hatte aber keinen Führerschein. Während unserer Fahrt ging die Sonne hinter dem Horizont auf. Das war ein wunderschöner Anblick! Die verschneite und vereiste Landschaft wurde in einen rotorangenen Mantel gehüllt. Unglaublich! Nach ca. eineinhalb Stunden hatten wir unser Ziel erreicht. Im Voraus waren wir fast enttäuscht darüber, zu hören, dass wir nur "so kurz" fahren würden. Aber als wir ankamen, waren wir heilfroh. Wir waren so durchgefroren! die Hunde wurden von den Schlitten befreit und bekamen zu fressen. Wir waren überrascht zu hören, dass wir uns gerade auf einem Fluss befanden. Das konnte man überhaupt nicht erahnen, da weit und breit einfach nur eine weiße Fläche zu sehen war. Nun mussten wir noch eine kleine Strecke zu Fuß gehen und dann kamen wir beim Camp an. Zuerst versammelten wir uns alle für einige Minuten in der Küche-Hütte, um uns etwas aufzuwärmen. Die Zehen schmerzten! Doch dieses Wärme-Glück wurde uns nicht lange gegönnt. Wir lernten unseren Betreuer für die kommenden Tage kennen: Stig. Stig ist ein läppischer Rentier-Farmer, der sich als Betreuer ab und zu noch etwas dazu verdient. Er war uns vom ersten Augenblick an unsympatisch und dieser Eindruck sollte sich auch nicht mehr ändern. Der erste Kommentar war: "wenn ihr etwas zu essen haben wollt und heute Abend die Sauna nutzen möchtet, dann zieht euch jetzt wieder eure Schuhe an und geht raus zum Holz sägen. Wir brauchen sechs Kisten Feuerholz! Los!"
Das waren die Begrüßungsworte. Willkommen im Bootcamp!
Fotos und Teil 2 meines Kiruna-Berichtes folgen.
Liebe Grüße, Lena =o]

Mittwoch, 13. Januar 2010

verrückte Spontanaktion: KIRUNA!!!

Hej ihrs!
Ich sitze gerade neben Tobi im Zug in Richtung Stockholm. Von Stockholm aus werden wir gegen Abend in den Nachtzug umsteigen, der uns über Nacht nach Kiruna, der nördlichsten Stadt Schwedens bringen wird! Ihr seid nun sicher etwas überrascht. Aber das ist nicht schlimm, ich bin es nämlich auch. Dass wir generell gerne mal noch irgendwann nach Kiruna gehen würden, wussten wir ja schon lange. Aber konkrete Pläne dazu gab es bisher nie. Zumindest nicht bis gestern Mittag. Da trafen wir uns mit Cori, Kathi, Marlien, Irena und Dusan in der Stadt zum Schlittschuhlaufen. Dort wird nämlich jedes Jahr sobald es kalt wird ein großes Fußballfeld im Freien geflutet und steht dann zum Schlittschuhfahren zur Verfügung. Das Fahren hat total Spaß gemacht, zumal wunderschönes Wetter war. Zwar kalt, aber Sonnenschein. So verbrachten wir also den gestrigen Mittag mit Fahren, Schlittern, Stürzen und Quatschen. Irgendwann kamen wir dann auf das Thema Kiruna. Cori hatte im November ihre Utlokaliseringswoche dort gemacht und Marcus, Kathi, Irena und Matthias waren Anfang Dezember dort. Während dieser Gespräche und Erzählungen meldete sich dann in Tobis und meinem Kopf die Erinnerung, dass wir sowas eigentlich auch mal machen wollten und plötzlich hatten wir die Idee: warum eigentlich nicht jetzt, wenn Tobi sowieso "Zwangs-Urlaub" (wg. Auge) und ich nur Vorlesungen (also keine Pflichtveranstaltungen) habe. Eigentlich sprach da ja nichts dagegen. Nachdem wir uns dann in der Villa Villekulla (Villa Kunterbunt) bei einem Kuchenbuffet für 45 Kronen die Bäuche vollgeschlagen hatten und doch etwas durchgefroren wieder zu Hause ankamen, begannen wir, das Internet nach Angeboten bezüglich Zugfahrt, Unterkunft und Hundeschlittefahrt zu durchforsten. Damit verbrachten wir auch den Rest des Abends und als wir einige Ideen zusammengetragen hatten, setzte sich Tobi ans Telefon (Glück gehabt, ich konnte mich vor dieser mir so verhassten Aufgabe erfolgreich drücken *g*) und telefonierte durch die Weltgeschichte bzw. Schwedengeschichte. Um ca. 21 Uhr stand dann also fest: wir würden heute mit dem Zug über Nacht nach Kiruna fahren, Freitag und Samstag eine zweitägige Hundeschlittentour machen und am Sonntag über Nacht wieder zurückfahren. Krasse Sache. Also wuschen wir heute Nacht nochmal unsere Klamotten durch und heute Morgen hieß es dann Packen, für Tobi einigermaßen winterfeste Schuhe kaufen, etwas essen, Brötchen schmieren und dann ging es auch schon los. Jetzt, nicht mal 24 Stunden seit Entstehung des Planes, sitzen wir also im Zug auf dem Weg nach Stockholm.
Wir sind sehr gespannt und freuen uns riesig auf die nächsten Tage. Freue mich schon, euch die ersten Fotos zeigen zu können. Laut Internetauskunft liegen in Kiruna aktuell 3,9 m Schnee und am Wochenende sollen es -14 Grad werden.
Liebe, erwartungsvolle Grüße
Lena & Tobi

Sonntag, 10. Januar 2010

Neues Jahr, neues Layout - Lebenszeichen

Ett gott nytt år!
Hallo, lieber, enttäuschter und deshalb vermutlich nicht mehr vorhandener Leser. Ich lebe noch. Viel Zeit ist (mal wieder) vergangen und entsprechend ist auch viel geschehen. Mittlerweile sind wir vom Jahr 2009 ins Jahr 2010 gewechselt, was vermutlich auch dir nicht entgangen ist. Mein letzter Eintrag verzeichnet ein Datum zu Beginn des letzten Monats des letzten Jahres... unglaublich. Ich habe mittlerweile mein Chirurgie-Semester abgeschlossen und morgen beginnt bereits das zweite und somit letzte Auslandssemester. Wie schnell die Zeit doch vergeht. Kurz vor Weihnachten hatten wir unsere praktische Prüfung. Diese lief folgender Maßen ab: es gab insgesamt zehn Stationen, von welchen jeder Student fünf absolvieren musste. Mich trafen folgende Stationen: Orthopädie, Anästhesie, Handchirurgie, Gefäßchirurgie und Allgemeine Chirurgie. Abgesehen von Anästhesie lief es auch ganz gut. Ich musste Röntgenbilder beurteilen, Ambubeutel zusammenschrauben, Blutdruck am Arm messen, einen Patienten untersuchen und einige theoretische Patientenfälle beurteilen. Hat eigentlich fast Spaß gemacht. Allerdings habe ich die zwei Allgemein-Chirurgen mit meiner unsicheren Art ("man könnte; man sollte; das ist eventuell; vielleicht sollte man...") etwas zur Weißglut getrieben. Bei der Anästhesiestation habe ich dann etwas versagt, als ich ausrechnen sollte, wie lange eine Gasflasche mit einem bestimmten Druck ausreicht, um einen Patienten mit einer bestimmten Gasmenge pro Zeit zu beatmen. Da habe ich mich dann nicht gerade von meiner besten Seite gezeigt, aber was soll's. War mir im Voraus bereits klar, dass wenn ich eine Anästhesie-Station bekommen sollte, dass es vermutlich nicht meine beste sein würde. Insgesamt hat es dann aber gereicht, ich habe bestanden. Nach der praktischen Prüfung verbrachte ich dann noch ein gemütliches Wochenende hier in Göteborg, bevor es dann sonntags endlich nach Deutschland ging. Ich freute mich wie ein Schnitzel, meine Familie wieder zu sehen. Ich flog mit einer Stunde Verspätung also vom Göteborg City Airport nach Frankfurt Hahn, wo mich mein Vater abholte. In Deutschland war zu diesem Zeitpunkt ein ziemliches Schneechaos angesagt, weshalb sogar einige Flughäfen ganz gesperrt wurden. Meiner glücklicher Weise nicht und so kamen wir gegen Mitternacht zu Hause an. Auch Tobi stieß an diesem Abend noch dort zu uns, nachdem er am Tag zuvor in Berlin der Hochzeit seines Freundes beigewohnt hatte. Nun war alles wieder gut. Allerdings sollten die nächsten zehn Tage recht turbulent und Reise-reich werden, denn wir hatten ja nicht nur eine, sondern zwei Familien zu besuchen. Direkt am nächsten Morgen fuhren wir bereits nach Freiburg, da Tobis Oma am Abend ihren 80. Geburtstag feiern wollte. Den Tag nutzten wir noch, um zumindest ein Mal den Freiburger Weihnachtsmarkt auf einen Glühwein zu besuchen und einige Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Den nächsten und die daruaf folgenden Tage verbrachte Tobi dann in der Uniklinik. Er hatte einige Wochen zuvor in Schottland einen Schlag aufs linke Auge bekommen (er konnte tatsächlich nichts dafür, auch wenn das keiner der Ärzte glauben will), war dann in Schottland in einer Klinik, diese stellten fest, dass er ein Hämatom in der Fovea centralis (Ort des schärfsten Sehens) bekommen hatte und hatten ihm Steroid-Tropfen und Mydriatika (Pupillen-Weitstell-Tropfen) verschrieben und gemeint, er solle abwarten. Da jedoch seine Beschwerden nicht besser wurden (anvisierte Gegenstände konnte er nicht sehen), entschied "er sich" (nach mehrmaligem Ar***-Tritt von mir), noch eine zweite Meinung in Deutschland einzuholen. Die Uniklinik sagte dann, dass man dieses Hämatom bis fünf Tage nach dem Schlag hätte absaugen können, dazu sei es nun zu spät und das Hämatom bereits verkrustet. Die einzige Möglichkeit noch etwas zu tun, sei, ein Heparin-ähnliches (blutverdünnendes) Mittel in das Hämatom zu spritzen und außerdem eine Gasblase in den Augapfel zu spritzen. Durch tagelange Nasenspitze-in-Richtung-Boden-Kopfhaltung solle dann die Gasblase das Hämatom von der Fovea centralis wegschieben. So weit die Theorie. Noch am 22. Dezember wurde dies gemacht und die nächsten zwei Nächte verbrachte Tobi im Krankenhaus. So stellt man sich die Ferien doch vor. Am 24. wurde er entlassen und wir verbrachten Heiligabend bei meiner Familie. In den folgenden Tagen wechselten wir mehrmals zwischen Freistett und Freiburg. Trotz dieses "Reisestresses" hatten wir wirklich schöne Tage in Deutschland. Allerdings hatte ich ständig meine Klausur im Hinterkopf, die ich am 4. Januar in Göteborg haben sollte. Eine Abschlussklausur über das gesamte Semester. Wir ihr euch vielleicht denken könnt, hatte ich kaum Zeit, während meiner Tage in Deutschland dafür zu lernen. Nun, da ich schon mal da war, wollte ich natürlich auch möglichst viele Leute sehen und Zeit mit ihnen verbringen. Man muss im Leben eben Prioritäten setzen. Am 30. sollte es per Flug wieder zurück gehen. Als wir uns diesem Datum näherten, wurde uns klar, dass Tobi wegen seiner Gasblase im Auge nicht fliegen durfte (in der Höhe dehnt sich Gas aus -> Erblindung) und wir mussten uns entscheiden zwischen a) Tobi bleibt die nächste Zeit in Deutschland und fliegt dann irgendwann nach Schottland und b) wir suchen eine andere Möglichkeit, Tobi ohne Flug nach Göteborg zu bekommen und haben dann noch zwei gemeinsame Wochen dort, bevor es für ihn wieder nach Schottland geht. Wir entschieden uns für Möglichkeit b) und so begab sich Tobi bereits am 29. mit dem Auto nach Rastatt, von dort aus mit dem Zug nach Frankfurt, von dort aus mit einer Mitfahrgelegenheit nach Kiel und von dort aus mit der Fähre nach Göteborg. Ich verbrachte meinen Geburtstag noch in Deutschland und flog am 30. wieder zurück. So konnten wir trotz des Augen-Problems Silvester zusammen in Göteborg verbringen. Åsa hatte für den Jahreswechsel Freunde eingeladen und feierte in der Wohnung. Wir waren zum Abendessen eingeladen und nahmen diese Einladung natürlich auch gerne an. So gab es ein leckeres Essen und wir lernten interessante (*g*) Freunde von Åsa und Kenth kennen. Später trafen wir dann meine Freunde im Wohnheim. Dort wurde gequatscht und getrunken, bevor es zum 12-Uhr-Feuerwerk in die Innenstadt ging. Dort wurde auf einer großen Leinwand noch einmal der Göteborger-Weihnachtsfilm gezeigt. Das Komische war, dass es keinen offiziellen Count-Down gab und somit keiner genau wusste, wann denn nun 12 Uhr war. Deshalb wurde hin und wieder schon ein wenig geknallt und irgendwann fing man mal an, anzustoßen. Das fand ich etwas schade, da der richtige Jahreswechsel irgendwie ein wenig unterging. Wir hatten trotzdem unseren Spaß und nachdem kräftig angestoßen worden war, machten wir uns auf den Weg zum "Pustervik", wo zu live-Bands dann noch kräftig getanzt wurde.
Der nächste Tag galt der Regeneration und ab 2. Januar legte ich dann richtig mit Lernen los. Blieb auch nicht mehr so viel Zeit. Am 4. war dann große Klausur - sechs Stunden theoretische Patientenfälle zu den verschiedenen Fächern des vergangenen Semesters. Die Klausur war wirklich nett (vergliechen mit deutschen), es wurden typische Krankheitsbilder abgefragt - Grundlagen, die man wirklich können muss und die man auch mehrfach während des Semesters bei echten Patienten gesehen hatte. Ich merkte wirklich den Vorteil dieses praxisorientierten Lernens hier in Schweden - ich hatte bei dem Beantworten der Fragen immer Patienten vor Augen, die ich gesehen hatte. Ich konnte mich wirklich an die einzelnen Leute erinnern und wusste somit oft, welche Untersuchungen und Behandlungen wir eingeleitet hatten. Die Klausur lief wirklich gut und ich hatte danach ein gutes Gefühl. Die Antwort bekam ich am nächsten Tag, ich hatte bestanden und durfte mich auf meine Mündliche "freuen", am 7. Januar. Prüfungsfächer: Allgemeine Chirurgie und Urologie. Also zog ich mir noch mal an einem Tag die Uro-Unterlagen rein und machte mich am 7. auf zu meiner letzten Prüfung. Ich wurde gemeinsam mit einer anderen Kommilitonin eineinhalb Stunden geprüft. Da meine Kommilitonin vom Typ Ich-bekomme-ein-Stichwort-und-rede-dann-mal-ne-viertel-Stunde war und der Urologie-Prüfer auch sehr gerne selbst redete, hatte ich das Gefühl, selbst garnicht so viel sagen zu müssen. So kam es auch, dass hauptsächlich Uro geprüft wurde, der Chirurg bekam nicht wirklich viel Zeit zugesprochen und dann kam der Uro-Prüfer noch auf die lustige Idee, er könne ja auch noch ein wenig Orthopädie prüfen. Wir fanden das erst mal nicht so lustig, aber er meinte, er wisse zwei sooo wichtige, typische Verletzungen, die muss man können. Also wurde meine Kommilitonin Emma noch Skidaumen (Ruptur des ulnaren Kollateralbandes am Daumen) und ich suprakdonyläre Humerusfraktur abgefragt. Das Komische dabei: wir haben in Ortho kein einziges Mal über diese wahnsinnig wichtige, typische Fraktur gesprochen. Aber man konnte es ganz gut erraten. Der Prüfer, ein totaler Sportfreak, war wohl selbst mehrmals von diesen Verletzungen betroffen gewesen und packte dann natürlich noch die passenden Geschichten dazu aus... nach eineinhalb Stunden meinte dann der Chirurg etwas genervt, dass wir dann mal aufhören sollten. Wir haben beide bestanden. Damit endete also das Chirurgie-Semester.
Tobi wollte eigentlich heute fliegen, aber die Gasblase ist noch immer vorhanden. Also muss er weiterhin abwarten.
Ich genoss mein "verlängertes Wochenende" und morgen beginnt das neue Semester mit Gynäkologie. Da bin ich mal gespannt. Hätte lieber weiterhin Chirurgie ;)
Vor ein paar Tagen waren Tobi und ich im "Universeum". Das ist ein interaktives naturwissenschaftliches Museum, in dem man ganz viel selbst experimentieren, spielen und ausprobieren kann. Außerdem gibt es einen kleinen Regenwald mit Vögeln, Schlangen, Affen usw. Wenn ihr mal in Göteborg sein solltet, müsst ihr euch dafür auf jeden Fall einige Stunden Zeit nehmen, es lohnt sich wirklich! Etwas nervig war nur die riiiesige Anzahl von Kindern, die es garnicht einsahen, sich anzustellen und deshalb an den Warteschlangen einfach vorbeigegangen sind, um sich ganz vorne hin zu stellen. Was ist denn das fürne Erziehung. Nunja. Hat uns trotzdem total gut gefallen. Hier geht es zu den Fotos:

So, nun erst mal Schluss für heute. Ich hoffe, euch gefällt mein neues Seiten-Layout - ein dickes Dankeschön nochmal an Tobi!

Ganz liebe Grüße nach Deutschland!

Lena =o]