Donnerstag, 3. Dezember 2009

Wenn man Schussverletztungen sehen will, muss man nach Suedafrika gehen? Von wegen!

Ja, ihr habt richtig gelesen. Am Dienstag Nachmittag + Abend hatte ich Jour in der chirurgischen Notaufnahme hier im Östra Sjukhuset. Zuerst hatte ich ein paar recht unspezifische Patienten mit sehr unspezifischen Symtomen, bei denen es mir sehr schwer fiel, zu entscheiden, was es sein könnte und was ich gerne mit ihnen machen wuerde. Was macht man mit Patienten, die seit einigen Tagen Bauchschmerzen haben, jetzt aber nicht sehr krank erscheinen und die Laborwerte alle ganz normal aussehen? Von dieser Sorte Patienten hatte ich eben einige. Alle hatten unauffällige Laborwerte, aber trotzdem irgendwelche Beschwerden. Nen Blinddarm oder ne Galle durfte ich bisher immer noch nicht diagnostizieren. Der einzige eventuell - Blinddarm, aber eher unwahrscheinlich, wurde in die Gyn geturft. Das machen die Chirurgen gerne. Wenn se nich wissen, was es is, einfach in die Gyn schicken, sollen die rausfinden, was der Patientin fehlt. Spektakulär wurde der Dienst dann aber, als es plötzlich hiess: "Schussverletzung im Untersuchungsraum 7". Ich dachte zuerst: das hasde bestimmt falsch verstanden. Gibt sicher Wörter, die ähnlich klingen wie "skottskador", aber als ich der Ärztin in den UR 7 folgte, lag da tatsächlich ein Mann auf der Liege in Bauchlage mit mehreren Schusslöchern in den Beinen. Krasse Sache, dachte ich mir. Der Mann schien aber relativ fit zu sein und die Ärztin versuchte herauszufinden, wie das denn passiert sei. Die Geschichte, die wir zu hören bekamen, erschien uns jedoch sehr dubios: Der Mann behauptete, er habe sich mit seiner eigenen Waffe aus Versehen selbst angeschossen, mehrere Male. Bei der Untersuchung zeite sich dann: am linken Bein Streifschuss an der Innenseite des Oberschenkels und dann am Unterschenkel innen zwei Löcher, vermutlich Ein- und Ausschussloch. Auf der anderen Seite allerdings fand sich ein Loch einige Zentimeter oberhalb der Fussknöchel in der Wade, aber kein weiteres Loch. Wir untersuchten dann die peripheren Pulse an den Fuessen, diese waren alle tastbar. Sensibilität und Motorik schienen auch weitgehend normal. Allerdings war die rechte Wade etwas geschwollen und da die Ärztin Angst vor einem Compartment-Syndrom hatte und auch nicht wirklich wusste, was sie mit dem Patienten nun machen sollte (kommt ja schliesslich nicht jeden Tag vor), rief sie den Orthopädendienst im Mölndalkrankenhaus an. Dieser meinte dann, wir sollten die Beine röntgen und den Patienten dann rueberschicken bzw. -fahren. Also wurde ein Röntgen gemacht und es zeigte sich, dass im rechten Bein, an dem nur ein Loch distal im Bein gefunden wurde, eine Kugel an der Innenseite des Knies steckte. Selbst angeschossen? Finde den Fehler. Der Mann wollte sich dazu auch nicht weiter äussern. Nachdem Pulse, Motorik und Sensorik abermals ueberprueft worden waren, wurder der Patient dann zu den Orthopäden geturft. Son Mist. Wäre am liebsten mitgefahren, aber das ging leider nicht. Dabei hätte mich wirklich interessiert, wie weiter vorgegangen wurde. Aber das werde ich wohl nicht mehr erfahren.
Der Abend enthielt aber noch ein kleines Highlight: ich durfte bei einem Patienten eine Magensonde legen. Habe das zuvor zwar erklärt bekommen, aber nie gesehen, da war ich sehr froh, dass die Schwester es noch ein weiteres Mal erklärte und mir helfend zur Seite stand. Der demente Patient machte es uns leider etwas schwer, da er versuchte, die Sonde wieder herauszuziehen, aber seine Frau schaffte es, ihn davon zu ueberzeugen, die Sonde drin zu lassen. War aber wirklich cool, das mal selbst gemacht zu haben, denn in Deutschland werde ich das später öfter mal machen muessen, hier in Schweden machen das ja die Schwestern. So fuhr ich dann zufrieden gegen halb zehn nach Hause. Nächste Woche habe ich nochmal zwei Dienste, Dienstag (wie passend) und Samstag. Hoffe, die werden genauso spannend =)

Die restlichen Tage hier in der GI-Chirurgie waren relativ entspannt. Wir waren ein wenig in der Sprechstunde, fuehrten Patientengespräche, untersuchten und diktierten, aber insgesamt war eher wenig los, weil viele eigentlich angemeldeten Patienten einfach nicht kamen. Heute hatten wir ein wenig praktische Unterweisung zu Magensonde, Rektoskopie, Proktoskopie, Pleurapunktion und Laparozentese (das Entfernen freier Fluessigkeit aus der Bauchhöhle). Nun ist mal wieder Freistunde angesagt bis ein Uhr, dann haben wir Seminar mit Fallbesprechungen.

Am Montag habe ich mich mit Laura zum Klavierspielen getroffen. Und das hat soooo so viel Spass gemacht! Sie hatte im Voraus zwei Stuecke ausgedruckt und das hat recht schnell recht gut geklappt. Werden das hoffentlich sehr bald wiederholen. Jetzt, nachdem ich wieder ein mal gespielt habe, merke ich erst, wie sehr ich es vermisse. Gestern war ich im Lidl einkaufen und was fand ich dort? Zweibändige Notensammlungen mit bekannten Stuecken vieler unterschiedlicher Komponisten, von Haydn, Bach und Mozart ueber Beethoven, Debussy, Brahms und Schubert bis hin zu Joplin und vielen, vielen mehr. Ich konnte nicht anders, ich kaufte diese zwei Buecher und habe dann abends gleich mit Laura gesprochen. Sie geht fuer einige Tage nach Stockholm und da kann ich den Klavierschluessel ausleihen und am Wochenende ein wenig klimpern. Freue mich schon!