Sonntag, 18. Oktober 2009

Lange ist's her...

... dass ich mich das letzte Mal hier zu Wort gemeldet habe. Mehr als drei Wochen! Wahnsinn, wie schnell die Tage und Wochen hier vergehen. Einiges habe ich erlebt in den letzten Wochen - aber fangen wir chronologisch an...

Meine zweite Anästhesiewoche war dann glücklicherweise nicht mehr ganz so nervig wie die erste. Ein Tag hielt sogar etwas ganz Besonderes bereit: ich war nämlich in der Frauenklinik und sah dort zum ersten Mal einen Kaiserschnitt. Es war ein geplanter Eingriff und deshalb ging es der Frau auch entsprechend sehr gut, Eltern waren aufgeregt, alle freuten sich, Schnitt, blärr, Kind war da, alle waren glücklich. Man geht sowas schnell! Das Ganze hatte so ein bisschen einen "unwirklichen" Beigeschmack - man sieht sonen riiiiesigen Bauch einer werdenden Mutter und man weiß ja, dass da ein Kind drin ist. Aber wenn dann ein paar Minuten später so ein kleines, verschmiertes, schreiendes Ding rausgezogen wird, kann man das irgendwie doch nicht ganz glauben ;) Ich war auf jeden Fall total fasziniert. Später waren wir noch bei einer Frau, die ziemlich übel in den Wehen lag. Sowas habe ich auch noch nie gesehen und es war ziemlich erschreckend. Sie bekam dann einen Epiduralkatheter gelegt gegen die Schmerzen. Aber das dauerte ziemlich lange, weil es der Frau so schlecht ging und sie sich nicht wirklich in die Position legen konnte, die der Anästhesist haben wollte. Aber nach ner halben Stunde ungefähr war der Katheter gelegt und der Frau ging es schnell besser. Der unschöne Teil des Tages waren zehn Aborte, bei denen ich für "freie Luftwege" zuständig war. Die Patientinnen wurden dafür in Kurznarkose gelegt, in welcher sie über einen Ambubeutel beatmet werden mussten - das war meine Aufgabe. Und ich muss zugeben: ich habe mich an diesem Tag echt extrem ungeschickt angestellt. Ich arbeitete mit zwei Anästhesiepflegern zusammen, die ich leider total schlecht verstand. Dann stellte ich (mal wieder) fest, dass ich, trotz Doppel-X, einfach nicht zum Multitasken geboren wurde: auf Brustkorb schauen, ob Patient atmet; auf Ambubeutel schauen, damit dieser gut sitzt; Kopf der Patientin richtig überstreckt halten, damit die Zunge nicht die Luftwege blockiert; schauen, ob Sättigung, Blutdruck und Puls gut sind; auf CO2-Kurve schauen, ob die Patientin auch tatsächlich atmet usw. Das waren irgendwie zu viele Sachen gleichzeitig und der Pfleger amüsierte sich köstlich dabei, mich immer wieder zu fragen: "Är du nöjd"? - bist du zufrieden? Also: stimmt alles? Ist die Patientin auch zufrieden? Und ich ertappte mich immer wieder selbst dabei, Ja zu sagen und dann festzustellen: ups, die Patientin atmet ja garnicht... Zeigte mich an diesem Tag also nicht gerade von meiner besten Seite. Trotzdem war es eine gute Übung. Nachmittags gab es dann noch einen Kaiserschnitt zu sehen - diesmal allerdings da das Kind nicht kommen wollte. Insgesamt also ein sehr interessanter Tag. Auch in der Anästhesie hatten wir an einem Abend "Jour" und als ich den Namen meiner Ärztin auf dem Plan las, dachte ich schon: dieser Name hört sich aber ganz und garnicht schwedisch an. Und ich behielt Recht: es handelte sich um eine deutsche Ärztin, die vor zwei Jahren mit Sack und Pack nach Göteborg ausgewandert ist. Trotzdem sprachen wir hauptsächlich Schwedisch, hatte auch das Gefühl, dass es ihr total schwer viel, ins Deutsche zu wechseln. So zum Beispiel: "Vi ses dann im Personalrummet!" ;) War aber ein sehr netter Abend, in den Pausen quatschten wir auch ein bisschen über ihr Auswandern, den Vergleich der Arbeit hier und in Deutschland usw.

Auch wenn ich weiß, dass ich mich nie für Anästhesie entscheiden werde, glaube ich, dass ich wirklich wichtige Sachen gelernt habe in dem Kurs - Sachen, die auch in allen anderen Fachrichtungen wichtig sind.

Den allerletzten Anä-Tag schwänzte ich dann, um Tobi am Flughafen abholen zu können, der mich am 8. Oktober besuchen kam. War auch alles kein Problem; sagte, ich hätte einen "wichtigen Termin" und das reichte, um frei zu bekommen ;)

Tobi landete also donnerstags um 12 Uhr auf dem Göteborger City Airport und nachdem wir seine Sachen nach Hause gebracht und was Leckeres gekocht hatten, gingen wir die Stadt erkunden. Zuerst spazierten wir etwas am Hafen entlang und liefen dann in Richtung Haga-Viertel, das ist das Altstadtviertel, ehemaliges Arbeiter- und Handwerkerviertel. Dort suchten wir uns ein süßes kleines Café und obwohl es stark nach Regen aussah ließen wir es uns nicht nehmen, uns mit unserem Kaffee/heißer Schokolade und Muffins nach draußen zu setzen, eingewickelt in kuschelige Decken und Kissen. Der Regen ließ auch nicht lange auf sich warten - es fing richtig an zu schütten. Wir saßen aber unter einem relativ dichten Schirm und so ließen wir uns nicht stören. Allerdings wollte es garnicht mehr aufhören und so saßen wir länger als eine Stunde gemütlich vor dem Café und chillten zu Musik von Katie Melua und Norah Jones, während der Regen nur so runterplatschte und die Straßen überflutete. Als der Regen dann irgendwann nachließ, machten wir uns wieder auf den Heimweg, da wir doch langsam etwas durchgefroren waren. Abends waren wir dann im Kino und sahen den Film "Allt för min syster" - deutscher Titel: Beim Leben meiner Schwester, mit Cameron Diaz. Dieser Film ist wirklich seeeehr empfehlenswert! Weiß nicht, ob er bei euch schon läuft, aber ihr müsst ihn unbedingt sehen, wenn er läuft! Er ist nicht nur sehr sehr gut, er ist außerdem der traurigste Film, den ich in meinem Leben bisher gesehen habe! Wirklich sehr ergreifend.

Als wir freitags aufwachten, stand die Sonne strahlend am blauen Himmel und so nutzten wir die Gelegenheit und machten uns auf die relativ lange Reise in Richtung Schäreninseln. Wir besuchten Donsö, die vorletzte Insel und entsprechend lange war auch unsere Anfahrt. Aber da das Wetter so schön war, genossen wir die Fähren-Fahrt auf dem Deck. Donsö ist eine ziemlich "moderne" Insel mit vielen Neubauten. Wir legten uns am Wasser ein bisschen in die Sonne und spazierten später einen Naturpfad entlang, um dann nachmittags etwas erschöpft wieder nach Hause zu fahren. Abends besuchten wir die Hausparty eines Freundes einer Freundin einer Freundin ;) War total lustig dort. Die anderen gingen später noch auf eine Psychologenparty, aber da es schon relativ spät war und die Partys meistens eh nur bis maximal zwei Uhr gehen, wollten wir nicht sechs Euro Eintritt zahlen und entschlossen uns, nach Hause zu gehen.

Am Samstag machten wir eine Paddan-Bootstour durch die Göteborger Kanäle und den Hafen. Diese Fahrt war sehr interessant und auch lustig - die Brücken über den Kanälen sind teilweise so niedrig, dass wir zwei Mal unsere Sitze verlassen mussten und uns auf den Boden kauerten, damit wir uns nicht die Köpfe anstießen ;) Zuerst dachten wir, das wäre nur ein Scherz, aber es war tatsächlich so. Es war aber wirklich schön, die Stadt mal von einem anderen Blickwinkel aus zu sehen und außerdem erfuhren wir interessante Dinge über Gebäude/Leute/Stadt. Nach der Fahrt fuhren wir zum Slottsskogen zum Spazieren und Elche schauen. Abends gab es dann für mich Sushi-Premiere. Allerdings bestellten wir aus Versehen nicht diese richtigen Sushi-Rollen-Scheiben (ihr wisst schon, was ich meine *g*), sondern solche Reis"bollen" mit Fischscheibe drauf. Das war bisschen schade, aber schmeckte trotzdem sehr lecker (auch wenn ich mich mit dem Stäbchen-Essen etwas schwer tat - Tobi hatte ja im Gegensatz dazu einige Jahre Übung vorzuweisen *g*) =) Beim nächsten Mal werden wir uns im Voraus richtig informieren, wie denn nun welche Zubereitungen heißen, da mir die japanischen Begriffe allein nicht all zu viel sagen.

Am Sonntag besuchten wir das Maritima-Schiffsmuseum am Hafen. Dort sind ca. zwanzig Schiffe ausgestellt - von Schlepperbooten über Kriegs- und Frachtschiffe bis hin zu einem U-Boot, auf denen man herumlaufen kann und bei einigen auch hineingehen kann. Das war super interessant! Vor allem bei dem U-Boot war es erschreckend, festzustellen, wie wenig Platz es dort tatsächlich nur gibt und wieviele Leute trotzdem gleichzeitig darin gearbeitet haben! Ich hatte da nach fünf Minuten schon das Gefühl: hilfe, ich brauche wieder mehr Platz. Habe wirklich großen Respekt vor den Leuten, die dort tatsächlich gearbeitet haben. Wir kraxelten sehr lange auf und in den Schiffen herum und bekamen sogar eine kleine Führung. Leider regnete es etwas und so waren wir nach einigen Stunden sehr durchgefroren und entschlossen uns, den Abend bei einem Video zu Hause ausklingen zu lassen.

Montags musste ich dann leider wieder zur Uni, da ein neuer Kurs begann - Radiologie - und ich am ersten Tag nicht fehlen konnte, zumal wir sowieso nur vier Tage Radio hatten. Konnte aber mittags noch mal ein bisschen nach Hause, da wir eine verlängerte Mittagspuase hatten und nachmittags konnte ich Tobi noch zum Busbahnhof begleiten. Die vier-fünf gemeinsamen Tage gingen leider sehr schnell vorbei, aber sie waren wunderschön! =o]

Mein Radiologiekurs liegt nun bereits auch schon wieder hinter mir. Wie erwartet, klickten wir uns fast den ganzen Tag durch CTs, MRTs und Röntgenbilder. Ist auch nichts, was ich mal "hauptberuflich" machen will, aber wir lernten doch sehr wichtige Dinge. Am ersten Tag hatte ich z.B. noch garkeine Ahnung, worauf man bei einem MRT z.B. achten muss, was normal aussieht und was nicht oder wie man bei der Beurteilung eines Lungen-Röntgens vorgehen muss. Das hat sich alles doch um einiges verbessert in den vier Tagen und vor allem wenn es um Skelettschäden ging konnte ich mich sehr für das Frakturen-Suchen begeistern =) Waren insgesamt relativ interessante vier Tage. Könnte echt mal sone Liste mit allen Fachrichtungen erstellen und dann kann ich jede Woche wieder was durchstreichen, was ich mal nicht machen will ;) Aber mal schauen, vielleicht kommt ja irgendwann noch die große Überraschung und ich stelle fest, dass ich doch was ganz anderes machen will als das, was ich bisher glaube =) Mal sehen.

Gestern hatte ich meinen dritten und letzten Orthopädie-Jour von 17 bis 22 Uhr und ich habs voll durchgezogen bis zum Schluss ;) Man kann eigentlich meistens auch früher gehen, wenn man fragt, aber ich fand es so interessant, dass ich die ganze Zeit dort blieb. Ich durfte nen gebrochenen Unterarm eingipsen, ein bisschen Finger nähen (ne Frau ist mit ihrer Hand in ne Fleisch-Zerkleinerungs-Maschine gekommen und hat sich dabei ne tiefe Schnittwunde am Finger zugezogen mit kompletter Durchtrennung der Strecksehne) und helfen, eine ausgerenkte Hüftprothese wieder einzurenken (hat sogar geklappt - yay). Außerdem führte ich ein Patientengespräch (ok, für fünf Stunden nicht die suuuper-Bilanz, aber immerhin). Sonst lief ich mit und schaute und fragte und lernte =) eigentlich schade, dass es davon der letzte Dienst war.

Nächste Woche geht es weiter mit Onkologie, eine Woche lang.

Für heute habe ich mir vorgenommen, mal ein bisschen fleißig zu sein - Schwedisch lernen für den Sprachkurs, bissl was für die Uni machen, Blog schreiben (juhu, den ersten Punkt kann ich gleich schon mal abhaken *g*) und dann wollte ich mal ein bisschen eMails schreiben bzgl. Doktorarbeit. Habe mir nämlich überlegt, dass ich damit gerne im Sommer anfangen würde, wenn ich zwischen Semesterende hier (Ende Mai) und Semesterbeginn in Freiburg (Oktober) mehrere Monate frei habe.

Wenn ich all diese Punkte heute auch tatsächlich schaffen will - achja, Volleyball auch noch - dann muss ich mich jetzt aber etwas ranhalten =o]

Wünsche euch allen ein schönes Restwochenende und bis zum nächsten Mal =)

Lena =o]


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