Samstag, 31. Oktober 2009

IKEA

Diesen Beitrag widme ich Evelyn, meiner geliebten Chormami, die mir in jeder Mittwochsprobe (und natürlich auch am Wochenende) immer schon einen Sitzplatz vorwärmte und die Proben mit Witzeleien und guter Laune stets versüßt hat.


Sonntag Nachmittag - 16:30 - 6,5 Grad Celsius Außentemperatur. Sitze auf meinem Bett bei einer großen Tasse warmem Citronentee und reflektiere die vergangenen zwei Wochen.


Diese zwei Wochen beinhalteten eine Woche Onkologie, zwei Tage Plastische Chirurgie und nun Urologie. In Onkologie hatten wir morgens Gruppenseminare und nachmittags waren wir in der Sprechstunde oder auf Station. An meinem ersten Nachmittag war ich in der Brustkrebs-Sprechstunde. Da traf ich auf zwei Patientinnen, die bereits operiert wurden und nun zur Besprechung der geplanten Bestrahlung kamen. Das wird routinemäßig bei allen Patienten mit diesem Tumor gemacht. Eine der beiden Patientinnen ist gerade mal dreißig Jahre alt und hat bereits ein Lymphom in der Anamnese und nun den Brustkrebs. Das fand ich schon sehr erschreckend. Gegen Ende des Gespräches fragte die Patientin, ob sie denn nun ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs auf der anderen Seite habe. Die Ärztin verneinte diese Frage. Das verwunderte mich, da wir in Onko gelernt hatten, dass dem doch so sei, dass Frauen, die einmal an Brustkrebs erkrankt sind, ein erhöhtes Risiko haben, auf der anderen Seite auch Krebs zu bekommen, verglichen mit gesunden Frauen. Als die Patientin gegangen war, sprach ich die Ärztin darauf an und sie meinte dann, ja, das Risiko sei etwas erhöht, aber die Patientin sei ja so aufgelöst gewesen, da wollte sie sie damit nicht belasten. Von dieser Aussage war ich echt schockiert! Das kann man doch nicht machen!? Klar, über die Relevanz der Antwort kann man sich wahrscheinlich streiten, aber für die Patientin hatte es offensichtlich Relevanz, sonst hätte sie nicht gefragt. Und wenn ein Patient eine solche Frage stellt, dann erwartet er auch eine ehrliche Antwort und die sollte man ihm dann, meiner Meinung nach, auch geben. Unabhängig davon, wie labil der Patient ist, das ist meiner Meinung nach kein Grund dafür, ihn anzulügen. Das fand ich echt unmöglich.
Am zweiten Tag war ich dann in der Prostata-Krebs-Sprechstunde und am dritten Tag auf Station. Auf diese Station kommen Patienten für ihre Chemotherapie. Eine Kommilitonin und ich durften dort mit zwei Patientinnen mit Ovarial-Carcinom (Eierstock-Krebs) sprechen. Sie erzählten uns, wie und wann der Tumor entdeckt wurde, wie es ihnen mitgeteilt wurde, wie sie behandelt wurden, wie es ihnen unter der Behandlung ging, wie es ihnen momentan geht usw. Das war wirklich sehr interessant, zu sehen, wie unterschiedlich Menschen mit einer solchen Erkrankung umgehen und ich denke, dass man durch solche Gespräche auch vieles lernen kann, darüber, wie man bestimmte Dinge später als Arzt mal nicht machen sollte.

Diese Woche begann dann mit zwei Tagen in der Plastischen Chirurgie. Am ersten Tag hatten wir zuerst ein wenig theoretisches Seminar und dann wurde wieder Nähen an Kissen geübt. Das kann man wahrscheinlich garnicht oft genug üben, auch wenn es natürlich an Haut wieder etwas anders ist. Aber für die Grundlagen, die verschiedenen Nahttechniken, ist das wirklich sinnvoll. Nachmittags übten wir dann, wie man Bein und Kopf verbindet. Und ich sage euch: Kopfverband ist garnicht so einfach ;) Machte aber Spaß und sah auch ganz lustig aus.
Am zweiten Tag war dann OP angesagt - jippi. Der Vormittag war jedoch erst mal recht unspektakulär. Wir waren drei Studentinnen und wechselten zum Zuschauen zwischen den einzelnen Sälen hin und her. Zu sehen gab es Brustverkleinerungen, Bauchplastiken und eine Metallentfernung aus dem Schädel eines Kindes. Mittags durften wir dann aber selbst ran, was die Spektakularität (heißt das so?) gleich mal um eiiiiiniges steigerte =). Wir durften bei einer Bauchplastik assistieren. Dabei wird bei Patienten mit großer Gewichtsabnahme die überschüssige Bauchhaut entfernt. Wir durften abwechselnd das Lokalanästhetikum unter die Haut spritzen, während der OP blutende Gefäße koagulieren und am Ende intracutan zunähen. Das war toll! Vor allem das Wegbrutzeln der Gefäße machte total Spaß *froi*. Man fühlt sich wie son kleiner Detektiv, der die ganze Zeit aufmerksam nach blutenden Gefäßen fahndet und sich tierisch freut, wenn er eins gefunden hat und es wegbrutzeln kann. Wir hatten großen Spaß ;) Sehr häufig wurden auch Gefäße durchtrennt, die dann lustig durch die Gegend spritzten, bis es uns endlich gelang, sie zu verbrutzeln - danach sahen alle etwas gesprenkelt aus ;) Den riesigen entfernten Bauchlappen befestigten wir dann auf nem kleinen Extratisch und dort durften wir dann selbst schneiden üben und haben die Wunde dann auch wieder vernäht. Dieser Nachmittag war wirklich toll, hätte ich gerne öfter =)

Am Mittwoch begann dann Urologie. Da war ich den ganzen Tag in der Sprechstunde. Und eine Urologie-Sprechstunde beinhaltete für mich: Zuschauen, zuhören und Prostata tasten. Habe das vorher noch nie gemacht und is auch nix, was ich den Rest meines Lebens machen wollte, aber war doch ganz interessant und es ist auch wichtig, das zu lernen. Ich sah viele Prostata-Tumor patienten und auch zwei querschnittsgelähmte Patienten, die aufgrund dessen bestimmte urologische Probleme hatten. Außerdem durfte ich bei einem Patienten mit einem speziellen Ultraschallgerät das Urinvolumen in der Blase bestimmten. Das war garnicht so einfach ;) Bei einem anderen Patient mit Prostata-Ca entdeckte der Arzt beim Ultraschall, dass auch in der Blase etwas war, was dort nicht hingehörte. Deshalb machte er dann eine Zystoskopie, bei der man mit einer Kamera durch die Harnröhre in die Blase schauen kann. Und dabei entdeckte er dann einen relativ großen Blasentumor. Der Patient wurde dann gleich für eine OP zur Entfernung des Tumors angemeldet.


Auch in der kommenden Woche habe ich nochmal vier Tage Urologie und werde da fast die ganze Zeit in der Sprechstunde sein. Jetzt ist bereits mehr als die Hälfte des Semesters vorbei. Ging ganzschön schnell. Anfang Dezember haben wir dann unsere erste Prüfung: eine praktische Prüfung. Was dran kommt, weiß keiner so genau, theoretisch kann von Verband machen über Zugang legen bis Untersuchung oder Nähen alles dran kommen. Da bin ich mal gespannt.


Am Donnerstag habe ich mich nach langem Überlegen endlich dazu durchgerungen, mich von meinem Sprachkurs wieder abzumelden. Ich habe das jetzt einige Wochen gemacht und mich in letzter Zeit eigentlich nur noch darüber geärgert, da ich viel zu wenig Zeit habe, um etwas dafür zu tun. Wenn ich viel Zeit dafür hätte, würde ich bestimmt sehr viel lernen, aber es waren immer wahnsinnig viele Hausaufgaben, die ich meistens garnicht alle geschafft habe, weil mir einfach mit Uni und Volleyball die Zeit dafür fehlte. War dann lange hin und hergerissen, weil ich dachte: selbst wenn ich nicht viel dafür mache, ist es vielleicht trotzdem besser, sich ab und zu ein bisschen damit zu beschäftigen als garnicht. Aber am Donnerstag bin ich dann zu dem Schluss gekommen, dass es mir so einfach nicht viel bringt und habe mich abgemeldet. Und es fühlt sich erleichternd an =)


Am Freitag und gestern war dann Halloween-Feiern angesagt. Am Freitag Abend waren wir auf einer Wohnheimparty im Helmutsro, die von zwei amerikanischen Austauschstudentinnen organisiert worden war. Diese hatten die Party im Facebook angekündigt und bis Freitag Mittag hatten sich mehr als zweihunder Leute für die Party angemeldet. Wir befürchteten, dass die Leute dort die Bude einrennen würden, aber es hielt sich glücklicherweise alles in Grenzen. War ein richtig lustiger Abend. Und da Halloween ja bekanntlich im Zusammenhang mit Verkleidung steht, mussten wir uns da auch was einfallen lassen. Da ich keine Lust hatte, mir etwas zu kaufen, was ich dann zwei Mal anziehe und dann im Schrank verstaue, habe ich mir von Matthias ein Elchgeweih ausgeliehen und war dann mit braun-schwarzer Kleidung und roter Nase für meinen Geschmack genug verkleidet. Matthias ging auch als Rudolph, zu zweit ist es ja gleich etwas weniger peinlich, und stellten fest, dass es einige Besucher gab, die noch weniger verkleidet waren ;) Wir malten uns noch blutende Wunden an den Hals, damit wir zumindest etwas "scary" aussahen *g*.
Gestern waren wir dann auf der Halloweenparty der Chalmers, das ist die technische Universität hier in Göteborg. Das war eine riesen Party im Unigebäude und da war echt die Hölle los. Das führte dazu, dass wir uns irgendwann alle aus den Augen verloren und nicht mehr wieder fanden. Bis zu dem Zeitpunkt war es aber sehr spaßig und es wurde fleißig getanzt. Um ca. zwei Uhr, als ich die anderen nirgendwo mehr finden konnte, habe ich mich dann auf den Heimweg gemacht, da ich sowieso sehr müde war. Hätte relativ lange auf meine Tram warten müssen und so beendete ich den Tag/die Nacht mit einem langen Spaziergang ;)
Gemütliche Sonntagsgrüße,
Lena =o]


7 Kommentare:

Mira hat gesagt…

Prostata tasten? Erinnert mich irgendwie an "Road Trip" *ggg*

*lenschn* hat gesagt…

nunja, aber wir wissen ja beide, wie weit entfernt dieser film von jeglicher realität liegt ;)

Mira hat gesagt…

Was? Tatsächlich? Oh nein, jetzt hast du meine kleine heile Welt zerstört :-(

*lenschn* hat gesagt…

*g* banane, du ;)

Philip hat gesagt…

Ohja, diese Chalmers-Parties, ich erinnere mich dunkel... :-)

*lenschn* hat gesagt…

ja, ein groooooooßes massenb********. ich natürlich nicht *heiligenscheinauspack* 0=o]

Mira hat gesagt…

Nee, stimmt, Lena. An Halloween hast du dich noch nie und wirst du dich auch nie betrinken hehe
P.S. Vielleicht solltest du Evelyn mal nen heißen Tipp geben

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