Samstag, 23. Januar 2010

-30 Grad und Bootcamp-Verhältnisse bei Stig

Am Mittwoch-Nachmittag fuhren wir also von Göteborg nach Stockholm. Dort kamen wir mit einer halben Stunde Verspätung an und hatten schon Angst, unseren Nachtzug zu verpassen, da dieser eigentlich in genau dieser Minute abfahren sollte. Als wir jedoch in Stockholm auf die Anschlagstafel schauten, stellten wir fest, dass unser Zug zwar drauf stand, aber kein Gleis angegeben war, auf welchem er einfahren sollte. Wir hetzten zum nächsten Bahn-Angestellten und fragten ihn danach. Dieser wusste es jedoch auch nicht und meinte, wenn der Zug, der ja offensichtlich auch Verspätung hatte, ankommen sollte, würde es vorher an der Tafel angekündigt werden. Also gut. Kurz darauf wurde angezeigt, dass der Zug eine Stunde später ankommen sollte. Also noch genug Zeit, uns irgendwo etwas Warmes zu Essen zu besorgen. Eine Stunde später kam der Zug tatsächlich und wir quartierten uns, zusammen mit zwei Chinesen, in unserem Schlafquartier ein. Noch gingen wir davon aus, am nächsten Tag vormittags in Kiruna anzukommen. Doch dazu sollte es leider nicht kommen. Nach einer rumpeligen Nacht in unserem stickigen Abteil blieb der Zug plötzlich im Bahnhof von "Boden" stehen und rührte sich nicht mehr von der Stelle. Wir warteten und warteten, aber es ging nicht weiter. Nach einer Stunde ca. kam eine Durchsage, dass es sich um technische Probleme handele, die hoffentlich bald behoben werden würden. Ok. Also warteten wir weiter. Etwas anderes blieb uns ja nicht übrig. Aber es blieb leider nicht bei einer Stunde warten. Um vierzehn Uhr kam dann die "erlösende" Durchsage, dass der Zug aufgrund der technischen Probleme nicht mehr weiterfahren könne und wir von Bussen abgeholt werden würden, die uns zu unseren Zielen fahren würden. Wir packten unsere Sachen zusammen, verließen den Zug und liefen durch die Bahnhofshalle in Richtung Busse, die glücklicherweise bereits auf uns warteten. Dann ging es mit dem Bus weiter in Richtung Kiruna - noch einmal drei Stunden Fahrt. Gegen siebzehn Uhr hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht: KIRUNA. Schade nur, dass es bereits dunkel, wir total müde und der erste Tag des "Kurzurlaubes" bereits so gut wie verstrichen war. Wir machten uns mit Sack und Pack auf den Weg, auf die Suche nach unserer Unterkunft "Wandrarhem". Dank Tobis handgemalter Stadtkarte fanden wir diese auch bald und nachdem wir noch ein paar Lebensmittel eingekauft und etwas zu Essen gekocht hatten, gingen wir erschöpft schlafen. Schließlich erwarteten uns aufregende Tage.
Am nächsten Morgen mussten wir bereits früh aufstehen, da wir um neun Uhr von einem Hundeschlitten-Tour-Mitarbeiter abgeholt werden sollten und vorher noch frühstücken und auschecken mussten. Wie wir jedoch eigentlich hätten ahnen konnten, kam dieser, passend der schwedischen Mentalität, nicht wirklich pünktlich. Das Wetter war an diesem Morgen bereits viel eisiger als am Abend zuvor und so waren wir heilfroh, als wir mit einem klapprigen Kleinbus vor der Unterkunft eingesammelt wurden. Aber die Reise ging noch nicht direkt los, zuerst mussten wir eine weitere Gruppe an einer anderen Unterkunft abholen. Hierbei handelte es sich um eine chinesische Reisegruppe von zehn Personen. Diese hatten jedoch, nachdem sie bei unserem Reiseleiter per Mail angefragt hatten und angeblich keine Antwort erhalten hatten, noch bei einem weiteren Reiseleiter angefragt und wohl offensichtlich doppelt gebucht. Der Ärger war also vorprogrammiert, als zwei Veranstalter gleichzeitig bei der Unterkunft eintrafen und die Gruppe abholen wollten. Beide Veranstalter wollten natürlich die Gruppe und somit das Geld haben, die Gruppe wollte aber natürlich nicht doppelt zahlen. Also gab es eine große, zeitaufwändige, von Verständigungsschwierigkeiten geprägte Diskussion. Wir schauten uns diese vom Auto aus an, denn dort war es wärmer als draußen. Das Problem war: für dieses Problem gibt es nicht wirklich eine Lösung. Wie sich alle letztendlich geeinigt hatten, weiß ich nicht, auf jeden Fall fuhr die Gruppe letztendlich mit dem anderen Veranstalter mit. Nach einer halben Ewigkeit ging es dann endlich los in Richtung Pampa. Unterwegs mussten wir einmal für fünf Minuten mitten auf der Landstraße anhalten, da eine Gruppe Rentiere die Straße überquerte. Wir mussten geduldig warten, bis auch das letzte Tier auf der anderen Seite war, denn wenn man die Tiere stresst, bleiben sie wohl erst recht auf der Straße stehen. Für uns war es aber eine tolle Gelegenheit, echte Rentiere zu beobachten. Wann hat man diese Gelegenheit schon mal? Leider hatten wir die Kamera mit unserem Gepäck im Kofferraum verstaut.
Eine halbe Stunde später kamen wir an unserem Startpunkt an, wo bereits eine weitere Chinesen-Gruppe, eine weitere Mitarbeiterin und ein Rudel Hunde auf uns warteten. Es war wahnsinnig kalt. Netterweise bekamen jeder ein Paar warme Hosen, Handschuhe und Schnee-Schuhe. Dann gingen wir zu den Hunden, um diese zu begrüßen. Diese waren bereits vor lauter Freude auf die kommende Fahrt total aus dem Häuschen und sprangen wir verrückt im Kreis, soweit das ihre Leine, mit der sie an einer langen Schnur befestigt waren, zuließ. Wir waren, abgesehen von den Betreuern, die einzigen Europäer in dieser Gruppe. Der Rest der Gruppe bestand aus sechs Chinesinnen, von denen leider nur zwei einigermaßen Englisch sprachen. Nach einer kurzen Einführung bezüglich Hundeschlitten und Snow-Mobil ging es endlich los: wir spannten die Hunde vor die Schlitten. Der Plan war, dass ein Betreuer mit einem Snow-Mobil + Gepäck-Anhänger vorausfuhr, dann sollten zwei Hundeschlitten mit jeweils drei Personen folgen und hinten dann ein zweites Snow-Mobil mit Personenanhänger. Tobi, ich und Juan begannen mit dem ersten Hundeschlitten. Vor jeden Schlitten wurden fünf Hunde gespannt. Meine Aufgabe war es, den angeschnallten Alpha-Hund festzuhalten, während die anderen Hunde hinter ihm befestigt wurden. Die Hunde bellten und jaulten, das war ein wahnsinniger Krach! Sie konnten es offensichtlich kaum erwarten. Tobi stand hinter dem Schlitten auf der Bremse, um zu verhindern, dass sich dieser frühzeitig in Bewegung setzte. Als alle Hunde befestigt waren, setzten sich Juan und ich auf den Schlitten, während Tobi für das erste Stück das Bremsen übernehmen sollte. Er stand dazu hinter dem Schlitten auf den Kufen und bremste bei Bedarf, wenn die Hunde dem Snow-Mobil zu nahe kamen oder dieser langsamer machte. Und dann setzte sich die Gruppe in Bewegung. Das Snow-Mobil startete und die Hunde preschten los. Sie rannten und zogen wie verrückt. Durch den Farhtwind war es unglaublich kalt. Wir spürten, wie unsere Zehen bereits nach wenigen Minuten zu Eis zu erstarren drohten und unsere Gesichter taten einfach nur weh. Es waren -18 Grad. Vor dem Start machte mich ein Betreuer auf meine Nase aufmerksam, diese sei weiß und dies seien erste Anzeichen für Erfrierungen. Ich sollte sie immer wieder in meinem Handschuh aufwärmen, um Schlimmeres zu verhindern. Na toll. Diesem Rat ging ich natürlich nach. Nach jedem zurückgelegten Kilometer machten wir Halt, um die Hunde Schnee fressen zu lassen, damit sie Wasser zu sich nehmen konnten. Wir nutzten die Pausen, um die Positionen zu tauschen, so dass jeder einmal den Schlitten fahren konnte. Nach drei Stops wechselte dann meine Gruppe zum Snow-Mobil. Dort durften Tobi und ich auch selbst fahren, Juan hatte aber keinen Führerschein. Während unserer Fahrt ging die Sonne hinter dem Horizont auf. Das war ein wunderschöner Anblick! Die verschneite und vereiste Landschaft wurde in einen rotorangenen Mantel gehüllt. Unglaublich! Nach ca. eineinhalb Stunden hatten wir unser Ziel erreicht. Im Voraus waren wir fast enttäuscht darüber, zu hören, dass wir nur "so kurz" fahren würden. Aber als wir ankamen, waren wir heilfroh. Wir waren so durchgefroren! die Hunde wurden von den Schlitten befreit und bekamen zu fressen. Wir waren überrascht zu hören, dass wir uns gerade auf einem Fluss befanden. Das konnte man überhaupt nicht erahnen, da weit und breit einfach nur eine weiße Fläche zu sehen war. Nun mussten wir noch eine kleine Strecke zu Fuß gehen und dann kamen wir beim Camp an. Zuerst versammelten wir uns alle für einige Minuten in der Küche-Hütte, um uns etwas aufzuwärmen. Die Zehen schmerzten! Doch dieses Wärme-Glück wurde uns nicht lange gegönnt. Wir lernten unseren Betreuer für die kommenden Tage kennen: Stig. Stig ist ein läppischer Rentier-Farmer, der sich als Betreuer ab und zu noch etwas dazu verdient. Er war uns vom ersten Augenblick an unsympatisch und dieser Eindruck sollte sich auch nicht mehr ändern. Der erste Kommentar war: "wenn ihr etwas zu essen haben wollt und heute Abend die Sauna nutzen möchtet, dann zieht euch jetzt wieder eure Schuhe an und geht raus zum Holz sägen. Wir brauchen sechs Kisten Feuerholz! Los!"
Das waren die Begrüßungsworte. Willkommen im Bootcamp!
Fotos und Teil 2 meines Kiruna-Berichtes folgen.
Liebe Grüße, Lena =o]

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