Montag, 5. März 2012

Wenn man ohne Anleitung da steht...

... das habe ich heute ein paar Mal erleben müssen. Gerade die zweite Woche meines PJs begonnen, erlebe ich sofort, wie es auf Station so läuft, wenn das Team unterbesetzt arbeitet. Eine Ärztin alleine auf Station, zusammen mit meiner Wenigkeit. Also kümmere ich mich erst mal brav um die Blutentnahmen, was gibt es Schöneres am Morgen, als Vampir zu spielen. "Wenn du mit dem Blut fertig bist, kannst du dir gleich die Aufnahmen schnappen und schonmal Anamnese machen, eine nach der anderen". Oki, freue mich ja, wenn ich mich einbringen kann und will ja auch fleißig Gesprächsführung üben. Also schnappe ich mir die erste Patientenakte und versuche, die handschriftlichen Hiroglyphen zu entziffern, die vom Oberarzt T.F. auf der Ambulanzkarte vermerkt wurden. Keine Chance. Es lebe die elektronische Patientenakte, die es leider noch nicht bis nach Singen geschafft hat. Nun gut. Zum Glück liegt der Akte auch ein Überweisungsbericht des niedergelassenen Gynäkologen bei. Dieser verschafft mir also einen Überblick, warum die Patientin zu uns kommt, auch sind bereits Vorerkrankungen notiert. Ich merke, wie es mir noch sehr schwer fällt, mir innerhalb "kurzer Zeit" (andere wirden diese Zeit schon als lange empfinden, die ich brauche, um die Akte zu durchstöbern) einen Überblick über den Patienten zu verschaffen, und aus einem Haufen Notizen die Infos rauszusuchen, die für mich primär relevant sind. Das werde ich üben müssen. Nachdem ich den Eindruck habe, grob zu wissen, worum es bei der ersten Patientin geht, begrüße ich die Patientin, die bereits seit einiger Zeit auf dem Flur wartet und erledige bestmöglich das mir Aufgetragene. Wenn Patientinnen zur "Aufnahme" kommen, so passiert das meist einige Tage vor der eigentlichen wirklichen Aufnahme. Die Patienten kommen, man nimmt Blut ab, erfragt die Anamnese, klärt sie über die anstehende Operation auf, holt sich ein Einverständnis ein, schickt sie zum Anästhesisten für die Narkoseaufklärung und lässt noch EKG schreiben oder eventuell noch weiterführende Diagnostik veranlassen. Nach diesem Marathon, der meist viiiele Stunden für die armen Patienten in Anspruch nimmt (hauptsächlich wegen der vielen Wartezeiten zwischen den einzelnen Terminen) dürfen sie wieder nach Hause gehen und kommen dann zum OP-Tag früh morgens erst richtig als Aufnahme auf Station.
Über den Vormittag verteilt erledigte ich dann die Anamnesegespräche, sofern ich die Patienten mal zwischen ihren anderen Terminen, die die Stationssekretärin für sie organisiert, erwischen konnte. So weit so gut, das ging ganz gut.
"Achja du, is jetzt gleich zwei Uhr, da muss ich gehen, schaust bitte noch, dass du die Medikamente, die die Patienten einnehmen, auch in die Kurve überträgst und gegebenenfalls umsetzt". Umsetzen. Aha. Also im Prinzip geht's darum, dass jede Klinik mit bestimmten Pharmafirmen Verträge hat und eben deren Produkte an die Patienten ausgibt. Somit kommt es häufig vor, dass ein Patient mit einem Medikament von beispielsweise Firma Pfizer kommt, die Klinik aber nur das entsprechende Genericum der Firma Ratiopharm ausgibt. Entsprechend muss dann der Arzt raussuchen, wie das Medikament von der Firma Ratiopharm heißt, das dem Medikament von Pfizer entspricht und muss dieses eben in die Kurve eintragen. Woher sollte ich nun wissen, welche Medis die Klinik hat und welche nicht? "Ja, musst halt die Schwestern fragen, die schauen dann meistens schnell nach, was sie da haben..." Alles klar, konkrete Aussage. Diese Ärztin, S.M., habe ich aufgrund ihrer üblichen klaren Aussagen schon echt lieb gewonnen. Also begebe ich mich zu der Akte meiner aufgenommenen Patientin, um die Medikamente einzutragen. Eine nette Schwester gibt mir ein Heftchen, in dem alle Medis aufgelistet sind, die das Haus zur Verfügung hat. Allerdings gibt es dort verschiedene Auflistungen - mal nach Substanznamen, mal nach Indikation, mal nach Genericum. Also insgesamt relativ unübersichtlich, wenn man es das erste Mal in den Händen hält. Das Übertragen der Medis hat also auch wieder recht viel Zeit in Anspruch genommen und ich war auch letztendlich nicht so ganz sicher, ob das nun so ausreichend war, wie ich es gemacht hatte. Denn einige Medis hatte ich garnicht in dem Heft gefunden, nicht unter dem Originalnamen und auch nicht unter anderen Genericum-Namen. Das sind dann wohl die Medis, die der Patient selbst mitbringen muss, wenn er stationär kommt. Das habe ich später von ner anderen Ärztin erfahren, die ich nochmal zu dem Thema befragt habe. Der OA T.F. stand kopfschüttelnd nebendran und fragte mich entsetzt: "Wer hat dir denn diese Aufgabe aufgegeben? Das ist ja die absolute A****lo**-Arbeit" (ganz genauso hat er es nich ausgedrückt, aber so war es gemeint) - aber ich brauche nich antworten, er könne sich eh denken, wer das war... Nunja. Prinzipiell macht es mir nichts aus, ich will und muss es ja lernen. Allerdings wäre etwas mehr Anleitung doch hilfreich gewesen. So muss man sich nur nochmal jemand anderen suchen, der es einem dann erklärt, denn ich frage lieber zwei mal nach, als nachher was falsch zu machen...
Entsprechend hieß es bei der Untersuchung einer Patientin mit Blutungen in der 7. SSW: "Du kannst ja mal eben den vaginalen Ultraschall machen". Hm... ok!? Also wo ich mit dem Schall hin muss, is mir klar, aber was ich dann damit mache is nich so klar. Das sieht immer so einfach aus, die Ärzte hier haben superschnell optimal eingestellt, was sie sehen möchten, aber ob ich den Schall nun nach rechts oder links drehen muss, nach oben oder nach unten drücken, damit ich dieses 16mm große menschliche Böbbelchen auch gut sehen kann, war mir nich so klar ;) Aber woher soll ich das auch können...
Kommt Zeit, kommt Rat, das is wohl hauptsächlich ne Frage der Übung.

Gab dann noch nen super Vorfall - ich saß alleine im Arztzimmer, um in dem Medi-Heftchen Medikamente rauszusuchen, steht plötzlich die Schwester neben mir und drückt mir das Arzttelefon in die Hand: "Ja hier, ein Anruf aus Radolfzell, für die Ärzte". Ich: "Ich bin PJ, ich kann den Anruf nicht entgegennehmen." S:"Von den Ärzten ist gerade niemand da, ich bin dann die einzig Greifbare". Also saß ich da und hatte plötzlich das Telefon am Ohr. Glücklicherweise konnte ich mit dem Anruf sogar was anfangen und habe dann das Anliegen an die Stationsärztin weitergeleitet, aber doof war die Situation irgendwie schon.

Weitere Situation: die Oberärztin S.B. hat Ultraschall bei ner Patientin mit vorzeitigem Blasensprung beendet und sagte, sie müsse jetzt zur Übergabebesprechung, ich solle doch geschwind nochmal die Wehenhemmung anschließen, sie stellt gerade die Dosierung ein, die soll jetzt etwas höher laufen, ich müsse nur auf START drücken. Ok, Ärztin weg, ich stöpsle die Wehenhemmung wieder an und drücke auf START. Nix. Anzeige: 0ml/h. Joa, da kann dann nich so viel einlaufen... Also wieder auf die Suche gemacht nach ner Ärztin, die danach schaut, die OÄ war bereits verschwunden, eine andere half uns dann weiter, wobei die natürlich auch nich wusste, welche Dosierung die OÄ eigentlich wollte...

So sah also der erste Tag meiner zweiten Woche aus. War einerseits durchwachsen durch die vielen Situationen, in denen ich ziemlich alleine da stand, andererseits hatte ich doch das Gefühl, auch eingebunden zu werden und mich einbringen zu können. Hoffe aber, dass wir morgen wieder besser besetzt sind und ich dann doch eher auch mal Fragen stellen kann, wenn was nich klar is ;)

Übrigens, bei der jungen Frau mit frühzeitigem Blasensprung und dem Kind mit Hydrocephalus (krankhafte Erweiterung der Hirnventrikel) konnte glücklicherweise ein Syndrom ausgeschlossen werden. Nun wird man versuchen, das Kind noch zwei, drei Wochen drin zu behalten, damit es die 1000 Gramm erreicht, was die Kinderärzte gerne haben möchten, und dann wird man das Kind wohl holen (wenn es nicht vorher von selbst kommt)...

Soweit von der PJ-Front.

Grüße vom See *winx*
Lena =o]

4 Kommentare:

Mira hat gesagt…

Hach wie hab ich das vermisst ;)

Stefan hat gesagt…

Und ich erst....:-)

Mira hat gesagt…

Und wann gehts weiter?

*lenschn* hat gesagt…

*hihi* immer mit der Ruhe =o)

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